Nach der deutschen Einheit diente das Gefängnis in der Andreasstraße noch knapp 12 Jahre als Männer-Haftanstalt. Die zweite Etage der Stasi-Haftanstalt wurde allerdings nicht mehr genutzt und ist deshalb zum großen Teil noch im Zustand der 1980er Jahre erhalten. Sie ist heute das größte Exponat unserer Ausstellung. Im Jahr 2002 schloss das Gefängnis für immer.
Als das Gebäude im Lauf der Jahre zu verfallen begann und sich Gerüchte über einen Abriss breit machten, setzten sich ehemalige Beteiligte der Friedlichen Revolution und ehemalige politische Häftlinge für den Erhalt ein. Ohne das Engagement dieser Zeitzeug*innen gäbe es die Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße heute nicht. Sie organisierten erste Führungen durch das Areal Andreasstraße und veranstalteten Gottesdienste, Konzerte sowie drei Kunstausstellungen unter der Überschrift ›Einschluss‹. Als klar war, dass das Gebäude nicht abgerissen, sondern zum Erinnerungsort werden sollte, begannen Debatten, wie ein solcher Erinnerungsort inhaltlich gestaltet werden könnte. 2012 übertrug der Freistaat Thüringen der Stiftung Ettersberg die Trägerschaft. Sie begann, eine Gedenk- und Bildungsstätte zu entwickeln und öffnete am 3. Dezember 2012 ihre Türen für die Öffentlichkeit.
Mehr über die Vergangenheit der ›Andreasstraße‹ sowie die Geschichten von Zeitzeug*innen erfahren Sie in unseren Ausstellungen in der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße, aber auch digital und in einigen unserer Publikationen.
*1953 in Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz
Oppositionelle in der DDR und Akteurin in der Friedlichen Revolution 1989
»Dass die Revolution friedlich verlief und dass wir es geschafft haben, die Stasiakten oder vielmehr das, was davon übrig war, zugänglich zu machen, das sehe ich als unsere großen Verdienste. Die Akten gehören den Menschen, weil da ist ja ihr Leben drinnen. Und ohne diese Akten könnte auch die Wissenschaft das ganze Ausmaß der SED-Diktatur nicht aufarbeiten.«
Barbara Sengewald ist nicht nur in der Friedlichen Revolution aktiv und prägt die Übergangszeit bis zu den ersten freien Kommunalwahlen in Erfurt entscheidend mit. Auch nach der Wiedervereinigung mischt sie sich weiter ein. Sie macht sich u.a. dafür stark, dass das ehemalige Stasi-Gefängnis in der Andreasstraße in Erfurt nicht dem Erdboden gleichgemacht wird, sondern zu einem Ort des Erinnerns und Lernens wird.
*1959 in Gotha
Vorwurf: ›Staatsfeindliche Hetze‹ nach § 220 des Strafgesetzbuchs der DDR
Inhaftiert in der Andreasstraße von Juni bis Dezember 1978
»Im Jahr 2000 setzte ich zum ersten Mal wieder einen Fuß in das Stasi-Gefängnis in der Andreasstraße. Erst ging ich alleine hin. Dann mit meiner Frau, dann mit meinen Eltern – und ganz zuletzt mit meinen Kindern. 22 Jahre habe ich gebraucht, um mit meinen Kindern über meine Zeit im Gefängnis reden zu können.«
Nach der Wiedervereinigung setzt sich Harald Ipolt zusammen mit anderen Zeitzeugen dafür ein, dass das ehemalige Stasi-Gefängnis in der Andreasstraße in Erfurt nicht abgerissen wird, sondern zu einem Ort des Erinnerns und Lernens wird. Bei Zeitzeugengesprächen in der Andreasstraße berichtet er regelmäßig aus seinem Leben und aus seiner Zeit in Untersuchungshaft.